Mittwoch, 20. Dezember 2006
Coffee to go
Ich würde gerne mal wieder einen richtig feinen Filterkaffee trinken, aber den gibt es hier nicht.
Bohnenkaffee scheint auf globaler Ebene abgemeldet zu sein. Was war eigentlich schlecht am Kaffee, jetzt mal abgesehen vom Koffein. Es war doch eigentlich immer ganz schön, so einen richtigen normalen Kaffee zu trinken. Einen gebrühten, sich durch einen Papierfilter gurgelnden Kaffee. Gut, zugegebenermaßen ist nicht jeder in der Lage, einen anständigen Kaffee zu machen, und die meisten Menschen die den sogenannten "Bürokaffee" trinken werden davon mittelfristig krank, weil er wie Asphalt im Magen klebt, meistens auch so schmeckt und darüber hinaus dazu führt, dass Angestellte übel schwitzen und aus dem Mund riechen wie Moorleichen. Dennoch: Dieser Kaffee war nicht so schlimm solange es ihn noch gab, denn etwas viel Schlimmeres ist an seine Stelle getreten: Latte Macchiato! Entkoffeinierter Espresso! Cappuccino mit fettarmer Milch!!!
Schuld daran sind aber nicht die Italiener, auch wenn die Namen dieser Getränke darauf schließen lassen, sondern -natürlich- irgendwelche Amerikaner, möglicherweise studentische Bill-Gates-artige Kumpeltypen, die auch noch glauben, sie hätten mit ihrer Brühe der Menschheit ein ähnliches Geschenk gemacht wie die Teflon-Pfanne oder den Zauberwürfel. Den Abstieg des Kaffees haben sie paradoxerweise damit besiegelt, dass sie ihn immer weiter verbreitet haben, und zwar in Gestalt von Kaffeebuden die in Großstädten normalerweise "Chicago Coffee Corporation", "Starbucks" oder so heißen. Dort gibt es zwar keinen gar keinen richtigen Kaffee mehr, sondern "Stardust con low-fat latte decaf medium size" oder anderen Scheiß im Pappbechern. Es ist übrigens nicht so, dass das Zeug nicht schmeckt, es ist nur irgendwie kein Kaffee.

Die Globalisierung von Kaffee führt dazu, dass man nicht mehr richtig unterscheiden kann, wo in der Welt man gerade ist, weil die Welt überall gleich schmeckt. Manchmal gibt es was zu essen in diesen Fillialen der Weltverschönerung für die Erniedrigung des Geschmacks. Wrapped tuna borritos zum Beispiel oder fresh french charmin rolls. Ein Wurstbrot gibt es leider nicht.
Aber nicht nur das Produkt ist ziemlich runtergekommen, sondern auch die Darreichungsform. Worin besteht der Fortschritt der Menschheit, wenn sich Erwachsene so weit zurückentwickeln, dass sie freiwillig ein Getränk in der Hand halten, das einen Plastikdeckel mit einer Art Schnabelöffnung besitzt, aus der sie saugen können ohne sich zu bekleckern?
Diese Trinkgewohnheiten sollte man spätestens hinter sich haben, wenn man mit mit eigenem Geld bezahlen kann, also etwa mit sechs Jahren. Dennoch gibt es unzählige urbane Menschen die sich keineswegs albern damit fühlen, einen Pappbecher mit Globalisierungs-Saugekaffee und eine Tüte Backtriebmittel in Gestalt von Heidelbeermuffins mit sich herumschleppen, obwohl Pappbecher etwas für Kindergeburtstage sind.
Wein trinkt man doch auch aus einem Glas. IMMER. Und meiner Meinung nach, und die ist es nun mal die in diesem Diary zählt, verdient jeder noch so kleine Kaffee eine dickwandige Tasse. Das ist mehr als eine Frage der Ehre. Es ist eine Frage von Geschmack und Stil.

... comment